„Das Lithium könnte bald zur Neige gehen“

2022-10-22 20:23:50 By : Mr. Frank Chen

Für eine saubere Mobilität setzen Regierungen auf die Elektromobilität. Aber: Je höher die Reichweite, desto weniger „sauber“ sind E-Autos. Und: Lithium könnte knapp werden. Eine Chance für Wasserstoff? Ein Gastbeitrag von Fréderic Ludet.

Wasserstoff ist für die deutsche Bundesregierung ein wichtiger Baustein, um das selbstgesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Die britische und die französische Regierung wollen das Ziel bis 2050 erreichen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA emmitiert der Verkehrssektor rund ein Viertel aller direkten CO2-Emissionen. Er ist somit maßgeblich mitverantwortlich, dass die Erderwärmung drastisch steigt und das im Pariser Klimaabkommen von 2015 festgelegte 1,5-Grad-Ziel im Vergleich zu 1850 voraussichtlich nicht erreicht wird.

Der Druck, alternative Antriebe zu entwickeln, steigt daher weltweit. Zusätzlich sitzt den europäischen und amerikanischen Autoherstellern die Konkurrenz aus China im Nacken. Das Land hat mit seinem riesigen Absatzmarkt Mitte 2020 gerade die Quoten für „neue Energiefahrzeuge“, NEVs inklusive E-Autos, Plug-in-Hybride und Wasserstoffautos, drastisch angehoben: auf 18 Prozent bis 2023.

Elektroautos gelten derzeit als beste und günstigste Alternative, um von Antrieben mit fossilen Brennstoffen – Benzin, Diesel und Gas – wegzukommen. Kritiker, darunter auch viele Umweltschützer, sehen den Ausbau der Elektromobilität dabei eher als „geringeres Übel“. Denn die für E-Autos benötigten Materialien, angefangen von Lithium bis hin zu Seltenen Erden, werden meist sehr zulasten von Mensch und Umwelt in Entwicklungsländern gewonnen.

Vergleichsweise sauber sind daher nur Elektromobile mit kleineren Li-Ionen-Batterien und entsprechend geringen Reichweiten – keineswegs jedoch tonnenschwere Boliden wie der Tesla Model S, bei dem allein die Batterie 750 kg wiegt, um maximal 614 Kilometer mit einer Ladung zu fahren.

Kommentar: 1.400 Kilometer mit dem Brennstoffzellenauto

Im Gegensatz zu ihren Konkurrenten können Wasserstoffautos nicht nur mit einer weißen Weste beim Thema Nachhaltigkeit glänzen, sondern ermöglichen es auch weite Strecken zurückzulegen. Zu den bekanntesten Vorreitern zählen unter anderem der Toyota Mirai und der Hyundai Nexo. Laut ADAC-Messung fuhren beide Modelle mit einer Tankfüllung jeweils rund 540 Kilometer. Toyota schaffte mit dem Mirai der zweiten Generation sogar eine neue Rekord-Reichweite von 1.003 Kilometern mit einer Tankfüllung.

Preislich sind Wasserstoffautos noch keine echte Alternative für Verbraucher und die Industrie, aber solche Langstreckenfahrten mit einer Tankfüllung bei geringer Belastung der Umwelt sind auch für europäische Automobilhersteller Argumente, sich wieder oder neu mit dem Thema zu beschäftigen. Das ergab eine Studie der französischen Expleo-Gruppe, die weltweit Ingenieurs- und Qualitätsdienstleistungen und Managementberatung anbietet.

Für die Studie „The Road to Hydrogen Cars – Creating a Greener Automotive Sector” wurden jeweils zu gleichen Teilen führende Repräsentanten großer Automobilherstellen in Frankreich, Großbritannien (UK) und Deutschland befragt, viele davon im C-Level-Management.

Wie Autohersteller und Zulieferer die Brennstoffzellentechnik entwickeln

Für den Wasserstoffantrieb sprechen für die Hälfte der Befragten (52 Prozent) die geringen Emissionen, für 43 Prozent die Langstreckenfahrten und für 42 Prozent (48 Prozent in UK) die geringere Abhängigkeit von seltenen Materialien für die Batterien. Interessanter ist noch die Aufspaltung zwischen den drei Ländern, hinsichtlich des von den Automobilherstellern erwarteten Antriebsmix: Frankreich ist bei Wasserstoff mit 37 Prozent weit vorn. Deutschland bildet mit 28 Prozent hier das Schlusslicht, neigt aber so wie der Durchschnitt zu 32 Prozent mehr zur Elektromobilität.

In der Automobilindustrie konzentrieren sich die meisten Anstrengungen tatsächlich immer noch auf Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride (BEV und PHEV). Aber abgesehen von der angesprochenen teils sehr „schmutzigen“ Gewinnung der Materialien, zeichnet sich das Problem ab, dass Lithium als der wichtigste Rohstoff für die Batterien bald zur Neige gehen könnte.

Die US-Geologiebehörde USGS hat dazu im Jahr 2020 Zahlen veröffentlicht. Demnach könnten die weltweiten Reserven von rund 80 Millionen Tonnen bei einem Verbrauch von 95.000 Tonnen noch über 840 Jahre reichen. Weil Lithium aber als primäre und sekundäre Lagerstätten überwiegend in magmatischem Gestein und Salzen gebunden ist, wird das Schürfen immer teurer und bald unbezahlbar.

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Wettlauf um das „weiße Gold“ im Lithium-Dreieck

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI geht davon aus, dass 2049 Schluss ist, die Schweizer Bank UBS rechnet laut des Nachrichtendienstes „GlobeNewsWire“ sogar damit, dass Lithium zu konkurrenzfähigen Preisen schon 2025 erschöpft sein könnte.

Zum Recycling von Li-Ion-Batterien haben die Impuls-Stiftung des VDMA und das Fraunhofer ISI im November 2021 eine Kurzstudie veröffentlicht. Demnach soll der BEV- und PHEV-Anteil von verkauften Pkw in Europa bis 2030 auf 50 Prozent, unter günstigeren Rahmenbedingungen sogar auf 70 Prozent – oder 7 bis 13 Millionen Fahrzeuge – steigen.

Die Recyclingmenge soll auf 230 Kilotonnen pro Jahr wachsen. Bis 2040 sollen es sogar 1.500 Kilotonnen jährlich sein. Das Recycling ist der Fraunhofer-Studie zufolge allerdings mit sehr aufwendigen Veredlungsverfahren verbunden.

Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS hat laut des Fachmagazins „top agrar“ 2019 zwar eine neue günstigere und hochwirksame Batterietechnik auf Basis von Natrium-Nickelchlorid vorgestellt, die komplett auf seltene Erden und andere strategische Materialien verzichtet. Bis zu ihrer Marktreife werden aber wohl noch Jahre vergehen.

Daher arbeitet die Ampel-Regierung daran, dass Deutschland ein Musterland für grünen Wasserstoff wird. Grün heißt nach deutschem Verständnis, anders als in Frankreich, auch der Verzicht auf Atomkraft für den mittels Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff. Das Problem mit der Elektrolyse ist jedoch, dass sie vergleichsweise teuer ist, weshalb Mercedes und BMW entsprechende Pläne vorübergehend auf Eis gelegt oder begraben haben.

Aber es gibt eine Reihe von Faktoren, die den Wasserstoffantrieb mittel- und langfristig begünstigen werden und konkurrenzfähiger machen. Einer davon ist die auch von Brüssel geforderte sukzessive Anhebung der CO2-Steuer, ein anderer erwartete Skaleneffekte. Druck auf die deutschen und europäischen Automobilhersteller macht auch, dass die asiatischen Autohersteller, allen voran Toyota und Hyundai, bei der Zukunftstechnik ihnen zunehmend den Rang ablaufen, während aus Berlin, London und Paris immer mehr Zeichen kommen, die Wasserstoffnutzung und den Wasserstoffantrieb forcieren und fördern zu wollen.

Grüner Wasserstoff – Chance für Automobilzulieferer

Das erste Ziel sind große Fahrzeuge wie Lkw und Busse, aber in Frankreichs Hauptstadt sind schon über 100 Wasserstofftaxis unterwegs. Bis 2024 sollen es rund 10.000 sein. Als eines der größten Hindernisse erweist sich noch immer die fehlende Infrastruktur. Sie liegt in der Expleo-Umfrage mit 37 Prozent aber noch hinter den Kosten für die Umstellung auf die Wasserstofftechnik und die Fahrzeugproduktion.

Hoffnungen auf eine regelrechte Wasserstoffrevolution machte 2009 die Initiative Desertec, ein unter anderem von der Münchener Rück getragenes deutsches Projekt. Mittels riesiger Solaranlagen in Nordafrika sollte Strom erzeugt und zum Beispiel als in Silizium gebündelter Wasserstoff nach Europa transportiert werden. Aus geopolitischen Gründen wurde es still um Desertec. Die Ampelkoalition hat aber schon signalisiert, die Pläne in ähnlicher Form wieder aufleben zu lassen.

Fréderic Ludet ist Senior Solutions Architect in Naval Activities and H2 Fuel Cell Mobility bei Expleo. Bevor Ludet zu dem Beratungsunternehmen kam, hatte er diverse Leitungsfunktionen inne, vorrangig im Rüstungsbereich; unter anderem bei Dassault Aviation, Thales, der Naval Group oder Segula Engineering France. Fréderic Ludet hat einen Ingenieurabschluss von der ESME Sudria, einer französischen Ingenieursschule.

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